FILM STILLS – REISE ZUM KINO
Deutsche Erstausgabe. 1. Auflage : Februar 2021. © Zweitausendeins GmbH & Co. KG, Karl-Tauchnitz-Str. 6, 04107 Leipzig. Idee und Logistik : Danit. Fotografien : © Beat Presser, Basel, Textredaktion : Danit und Beat Presser. Übersetzung : Doris Jüngling und John Bradshaw. Layout : Beat Presser und Danit. Typografie und Titelentwurf : Vera Pechel Grafik, Basel. Druck : Plump Druck & Medien GmbH, Rheinbreitbach . Printed in Germany. ISBN 978-3-96318-109-2.
AM FREITAG DEN 13. MÄRZ 2020
wird per Dekret ein Lockdown verordnet. Alles kommt zum Stillstand, die Leute bleiben zuhause, alles geschlossen. Geschlossen und abgebaut sind auch die Ausstellungen zum Neuen Deutschen Film von Beat Presser im Willy Brandt Haus und im Goethe Institut in Berlin. Ebenso wird die von ihm initiierte Hommage an den Neuen Deutschen Film im Bundesplatzkino und dem Goethe Institut auf Grund einer drohenden Pandemie jäh unterbrochen. Die Welt hält den Atem an, die Menschen sind verunsichert, viele überfordert und der Radiosender RBB verkündet: «Der Schweizer Bundesrat erwägt, alle Schweizer müssten zuhause in Quarantäne bleiben, die ein gewisses Alter überschritten haben.» Der Fotograf Beat Presser (BP) sitzt auf gepackten Koffern, unmittelbar vor seiner Abreise mit dem Zug zurück in die Schweiz und hört Radio. Jedoch, dies scheinen keine guten Aussichten und Einladung zur Rückkehr. Alles wegen einem Virus namens Covid, zwei Nanometer gross.
In dem Moment tritt die Berliner Bildhauerin Danit auf den Plan. Auch die Bildhauerin ist von dem Lockdown betroffen und alle geplanten Ausstellungen werden von einem Tag zum anderen storniert. Nichtsdestotrotz schlägt sie BP folgendes vor: »Lass uns alle Kinos fotografieren, die gesamte Kinolandschaft Berlins! Wir müssen etwas für die Kinokultur tun! Wann waren die Kinos je geschlossen in der Filmstadt Berlin? Was folgt ist eine ausgiebige Fahrradtour vom 26. März bis zum 27. April 2020. Vom eiskalten Winter bis zu frühlingshaftem Wetter. 77 Kinos fotografiert, 1000 Kilometer mit einem klappriges Männerfahrrad und einem in die Jahre gekommenen Hollandrad. Das Ergebnis einer Reise kreuz und quer durch eine verkehrsfreie Stadt in Angst, das Buch «Film Stills, Berliner Kinos im Lockdown von Beat Presser und Danit.» Mit Texten aus der Filmgeschichte und einem Vorwort von Hans-Helmut Prinzler.
PRESSE
„Seit über einem Jahr, von ein paar wenigen Wochen im Sommer abgesehen, sind die Kinos geschlossen. Wann sie wieder öffnen dürfen, ist noch Zukunftsmusik. Die Kultureinrichtungen waren die ersten, die geschlossen wurden, und werden die letzten sein, die wieder öffnen dürfen. Auch wenn sich hier niemand nachweislich mit Corona infiziert hat und die Häuser in überzeugende und aufwändige Hygienemaßnahmen investiert haben. Und ob wirklich alle Kinos wieder öffnen werden, wenn man diese Pandemie irgendwann einmal in den Griff bekommen hat, das ist durchaus nicht ausgemacht. Denn schon zuvor war es nicht leicht, sich gegen die zunehmend verschärfende Konkurrenvon Netflix und anderen Streamingdiensten durchzusetzen. Das Problem hat sich im Dauer-Lockdown noch verschärft, wo die Streamingportale als einzige von der Unmöglichkeit, Filme im Kino sehen zu können, profitiert haben. Wie lange wird es überhaupt noch Kinos geben? Welche Auswirkungen haben Streamingdienste wie Netflix oder Amazon Prime auf die Rezeption der Zuschauer? Wie sicher fühlt man sich im Kino, auch wenn man auf Abstand sitzt und vielleicht sogar während der Vorführung eine Maske trägt? Welche Spuren hinterlässt die Pandemie im Bewusstsein der Menschen, die früher gern ins Kino gegangen sind? “
Hans-Helmut Prinzler. 2021
„Wie so viele während des ersten Lockdowns ihre Räder genommen haben und durch die Stadt gefahren sind, um Berlin und seine Wahrzeichen mmal ohne die üblichen Touristenmassen zu erleben, so sind die Beat Presser zu den zwangsgeschlossenen Kinos geradelt. Und haben sie abgelichtet. Spielstätten, wo man sich trifft und begegnet, wo sonst das Leben tobt und im besten Fall Schlangen davor stehen – plötzlich menschenleer. Häuser, wo sich nicht nur die Bilder bewegen, sondern auch die Herzen der Zuschauer, wo sich auch die Menschen hinbewegen müssen, wo also viel Mobilität ist – jetzt zum Stillstand verdammt. Orte der Träume und Illusionen, die nun reichlich nüchtern und desillusionierend wirken. Aber auch geschlossene Orte erzählen etwas. Trotz verschlossener Türen scheinen die Kinos vom Trubel vergangener Tage zu berichten“, erzählen die beiden: „Von Schlangen an der Abendkasse und gefüllten Rängen, von der erwartungsvollen Spannung vor Filmbeginn und dem Versinken in eine andere Welt.“ Diese Momente haben sie festgehalten. So ist ein historischer und einmaliger Streifzug durch die Stadt entstanden (von dem man dennoch hofft, dass er einmalig bleibt): 77 Kinos, von Spandau bis Marzahn, von Pankow bis Potsdam, kleine und große Häuser, Programmkinos und Cineplexe aus unterschiedlichsten Perspektiven. Daraus entstand das Buch „Film Stills – Berliner Kinos im Lockdown“ (Zweitausendeins, 192 Seiten, 15 Euro). Ein Fotoband mit doppeldeutigem Titel. Denn Filmstills, so bezeichnet man sonst Szenenfotos, also eingefrorene Bilder aus bewegten Sequenzen. Und so möchte man auch diese Aktion verstehen: als Momentaufnahme einer Branche, in die hoffentlich bald wieder Leben und Bewegung kommt. Ein Fotoband zum Schmökern und Sehnen, mit dem man auch Kontakt hält zu den Kinos. Aber nicht nur das: Die Fotos gehen jetzt auch durch die Stadt.
Als Plakataktion sind sie in verschiedenen Variationen in den Schaukästen der Berliner Kinos zu sehen. Beat Presser und Danit bereiten derzeit außerdem eine Multimedia Ausstellung im Bikini-Haus vor. Aber auch hier ist noch völlig unklar, wann die öffnen wird. Halten wir es so lange mit der Botschaft über dem Brotfabrikkino: „Wir schaffen das!“Berliner Morgenpost, April 2021
SCENES OF THE JOURNEY:
A photo studio in Berlin. The photographer reads a book about the first moving picture show by the brothers Max and Eugen Skladanowsky in the Wintergarten on Friedrichstrasse on November 1st, 1895 in Berlin. That very moment a colorfully dressed sculptor with wild red hair bursts into the room. “Let us portray all movie theatres of Berlin! We should capture this moment in time and in cinema history; because it is an extraordinary and unique situation. Everything is closed and nobody dares to leave their house. Say, do you have a bicycle?”
Icy cold. A Siberian wind. All restaurants, cafes and everything else closed. Two bicycles and two Leicas.Starting at the Charlottenburg district, Zoo Palast, then to the Delphi. With a scratchpad, compass, city map and with an idea in mind, Danit sets off. Followed by the photographer, not at all convinced by capturing all cinemas in town, who asks: “Portraying 100 cinemas, crisscrossing all of Berlin, are you sure?” “Only 77!” answers Danit the sculptor. A few hours later, the first pictures are taken and now the photographer has also caught fire.
PRESS
ODE TO CINEMA
Berlin and cinema go together like Fred Astaire and Ginger Rogers – there’s a reason they call it the Kinostadt. But when the pandemic forced cultural venues to close on March 14 last year, 266 screens went dark and countless employees were left fearing for their jobs. A year later and with the industry still in crisis, famed Swiss photographer Beat Presser (the man behind those iconic photos of Klaus Kinski) and mononymous sculptor Danit have teamed up to remind us of what we’ve been missing. The postcard-sized book FILM STILLS presents 170 photographs of dormant cinemas, taken by the duo during last year’s three-month lockdown. The pair spent four weeks zipping around the city on their bikes, stopping in empty streets to capture the still, unlit exteriors of 77 picture houses. The result is a 192-page love letter to a city with one of the highest concentrations of movie theatres in the world. Flick through and remind yourself of the sheer diversity of the Berlin film scene…
by Benjamin Haughton
Magazin ExBerliner